Saturday, July 30, 2011

Cockpitfrauen und Kollegen

Ein Blog-Leser, nennen wir ihn Ferdinand, will wissen, ob man noch alte Kollegen erkennt oder ob es schon Situationen gab, in denen einer oder eine erbost waren, weil ich nicht gegrüsst habe. Ausserdem fragt Ferdinand, ob es viele Frauen bei uns im Cockpit gebe.

Gleich vorweg: Grüssen tue ich immer. Aus Prinzip, aus Anstand und überhaupt. Allerdings bin ich mir nicht immer ganz sicher, wen ich vor mir habe. Ich staune zwar ob der vielen bekannten Gesichter, denen ich, auch nach fünf Jahren im Ausland, in diesen ersten Swiss-Tagen begegne: sei es in den Gängen des Schulhauses oder im Ops, unserer Einsatzzentrale am Flughafen. Doch die Visagen sind das eine – die Namen das andere. Manchmal mutet es geradezu peinlich an.

„Äh... du bisch doch dä....“

Dann stockts. Dabei wären Schweizer Namen wesentlich einfacher zu memorisieren als arabische, asiatische oder afrikanische. Weil vertrauter und meist auch kürzer. Manchmal rette ich mich mit raffinierter Ablenkungstechnik und einem kurzen Blick aufs Namenstäfelchen meines Gegenübers auf mirakulöse Art und Weise aus der Verlegenheit des Nichterinnerns. Selbstverständlich – und ich schreibe dies mit einer gewissen Erleichterung weil es mir ja nicht anders ergeht – haben sich eben diese alten Kollegen und Kolleginnen über die vergangenen fünf Sommer leicht gewandelt: mehr Gold auf und einige zusätzliche Kilo unter der Uniform.

Was mir bei den ersten Plauderstündchen im Ops ebenfalls aufgefallen ist, sind die vielen nordischen Dialekte. Es deutschelt sehr im Hause Swiss. In all meinen bisherigen Kabinenbesatzungen fanden sich mindestens zwei Deutsche. Die gabs vor fünf Jahren in dieser Menge nicht. Und nicht nur in der Kabine, sondern auch im Cockpit halten unsere nördlichen Nachbarn vermehrt Einzug. Im Management sind die Deutschen ja spätestens seit Christoph Franz prominent – und äusserst erfolgreich – vertreten.

Wie übrigens auch die Frauen im Cockpit. Es gibt sie bei uns in beinahe allen Altersstufen und Funktionen – bis hin zur Langstreckenkapitänin. Und sie stellen ihre „Frau“ bestens. Viele vereinbaren ihren Traumberuf mit dem Wunsch nach einer Familie. Wer nach Schwangerschaft und Mutterschaftsurlaub an den Sidestick zurückkehrt, braucht ein Lizenz-Renewal. Meine Rückschulung habe ich zusammen mit einer Copilotin absolviert. Aus dem Freistaat Bayern notabene...

12 comments:

  1. "Selbstverständlich – und ich schreibe dies mit einer gewissen Erleichterung weil es mir ja nicht anders ergeht – haben sich eben diese alten Kollegen und Kolleginnen über die vergangenen fünf Sommer leicht gewandelt: mehr Gold auf und einige zusätzliche Kilo unter der Uniform."

    FALSCH! ICH HABE SIEBEN KILO ABGENOMMEN – GOPF!

    Zu den Deutschen:
    Sind lieb, gut, gemütlich. Zur Vorbereitung auf lange Legs mit nordischen Nachbarn empfiehlt sich die Deutschlandkarte aus dem aktuellen Zeit-Magazin (DIE ZEIT lohnt sich eh immer, vor allem für LH-Kapitäne, die viel Zeit in Coffeeshops verbringen). http://www.zeit.de/2011/31/Deutschlandkarte-Vorurteile

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  2. @Dide

    Herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage! Ich fühle mich geschmeichelt, dass ich zum Entstehen eines von vielen hochgeschätzten Beitrags, beitragen konnte. ;-)

    @nff

    Glückwunsch zur Gewichtsreduktion!


    Gruss

    Ferdinand

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  3. @nff: Du bist eben einmal mehr die Ausnahme! Das dem so ist, davon habe ich mich ja selber überzeugen können...

    Und gegen die Deutschen hab ich im Fall gar nichts! Im Gegenteil - hab (fast) nur gute Erfahrungen in Abu Dhabi gemacht.

    @Ferdinand: Ist doch gern geschehen.

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  4. … um Gottes Willen ich auch nicht!
    Dennoch ist die Grafik Gold wert :-)

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  5. Dank der Grafik weiss ich seit heute das ich versnobt bin bzw. da her mal hergekommen bin :-D

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  6. A propos Namen: Vielleicht koenntest Du es einfach mit "Mohammed" versuchen, um quasi mit der Mehrheit zu reden?

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  7. Tja, für viele deutsche Landsmänner ist die Swiss natürlich (aus Kostengründen)immer eine nette Alternative, falls es mit der Ausbildung bei der Lufthansa nicht klappt. Würde mich deshalb nicht wundern, wenn der Anteil an Deutschen bei euch zukünftig noch zulegt. ;)

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  8. @Oliver: Das ist eine interessante Betrachtung, die u.a. den Schluss zulässt, das die Anforderungen der Swiss tiefer sind als jene der LH. Diese Beurteilung dürfte jedoch schwierig sein, ausserdem spielt bei einer Selektion - auch wenn sich das Verfahren über mehrere Stufen hinzieht - die Tagesform eine entscheidende Rolle.
    Aus wirtschaftlicher Sicht ist für jede(n) Deutsche(n) eine Beschäftigung in der Schweiz natürlich interessant, besonders bei den aktuellen Eurokursen...

    Gruss

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  9. Die LH hat mehr als fünfmal soviele Bewerber und nimmt nur ca jeden Zehnten. Da ists natürlich schwieriger, zum Spitzensatz zu gehören, als bei der Swiss, die ca jeden Sechsten nimmt. Die Anforderungen der Tests sind denke ich recht identisch - die LH kann sich aber ganz einfach erlauben, nur die absolute Spitze zu nehmen, die in den meisten Fällen wohl über der Minimalanforderung liegt. Die Swiss hingegen bekommt die Flugschule nicht mal voll, weil zu wenig Bewerber die Anforderungen erfüllen.

    Erste Alternative für viele "gescheiterte" Deutsche (die gehen nun mal zuerst zur LH) ist die Swiss in erster Linie, weil sie im Idealfall ebenso die vollen Kosten übernimmt. In zweiter Linie hoffen sicherlich viele, dass besagte Tagesform bei den Tests in Zürich ganz einfach besser ist, als beim Test in Hamburg.

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  10. @nff
    "FALSCH! ICH HABE SIEBEN KILO ABGENOMMEN – GOPF!"

    wo kann man sich da anmelden ... !

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  11. "Oliver said...
    Die LH hat mehr als fünfmal soviele Bewerber"
    Allerdings musst du dabei bedenken das die LH auch vier bis fünfmal soviele Ausbildungsplätze anbietet wie die Swiss.
    Ein weiterer Grund für die prozentual niedrigerer Wahrscheinlichkeit den LH Test zu bestehen liegt auch daran, dass sich bei der Lufthansa viele Leute bewerben die den Test "nur aus Spaß" mitmachen und sich denken "Pilot wär eigentlich ein ganz cooler Job aber wenn's nicht klappt auch nicht schlimm". Da die Lufthansa einen Hotel- und Reisekostenzuschuss zahlt ist der Test in Hamburg praktisch gratis. Bei der Swiss musst du dagegen schon vor dem ersten Test 200€ bezahlen und die Anreise und Hotelübernachtungen komplett selbst zahlen, weswegen sich bei der Swiss dann wohl nur Leute bewerben die wirklich ernsthaft Pilot werden wollen und sich dementsprechend gewissenhaft vorbereiten.

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  12. @Tobi

    Das Verhältnis stimmt so nicht ganz - die LH bietet nur etwas mehr als doppelt so viele Plätze (ca 250 p.a.; bei der Swiss warens knappe 100 im letzten Jahr) an. ;)

    Bei den von dir genannten Gründen für die hohe Zahl an LH-Bewerbern stimme ich aber uneingeschränk zu.

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