Die Fahrt ins Berner Oberland, heute Mittag auf der gut bevölkerten A1, verläuft schleppend. Der Einstieg ins Exil-Expat-Leben hat es in sich. Nicht nur, weil ich auf Schweizer Strassen ständig im Stau stehe. Wesentlich häufiger als dies vor fünf Jahren der Fall war.
Das Kursprogramm der vergangenen Woche sah auf dem Papier nicht gar so arg aus; Drei Tage Schule, zwei Übungen im Simulator. Doch irgendwann kommt die grosse Welle – und deckt mich einfach zu.
Jetzt liegen zwei freie Tage vor mir. Das heisst, so richtig frei habe ich natürlich nicht, denn ich sollte mich vorbereiten auf die Prüfungen der nächsten Tage, zu denen nicht zuletzt auch der Simulator-Check gehört.
Zwei motivierte und kompetente Copi-Instruktoren haben mich gedrillt. Zuerst im Klassenzimmer, dann eben im Simulator. Ich absolviere die Hirnwäsche dieser Tage zusammen mit einer Kopilotin, die wegen Mutterschaftsurlaub über mehrere Monate nicht mehr im Cockpit sass. Sie steht der aktuellen Operation allerdings noch immer sehr nah, hangelt sich locker durch Checklisten und Verfahren, und setzt damit den älteren Mann zu ihrer Linken gehörig unter Druck. Der ältere Mann - das bin ich. Nicht nur mit Wordings und Standard Operating Procedures kämpfend sondern auch mit einem beinahe papierlosen Cockpit. Denn zeitgemässe Swiss-Piloten entnehmen ihre Informationen heutzutage nicht mehr konventionellen An- und Abflugkärtchen. Sie nutzen die Vorzüge der Computertechnologie. Ein, dummerweise nur volumenmässig, aufgeblasener Ipad, (Mac-Freaks mögen mir verzeihen) liefert die Daten. Allerdings nur jenen, die mit ihm, dem Computer, umzugehen verstehen. Dazu gehöre ich zweifellos noch nicht. Auch die Startberechnungen werden auf diesem Ding gemacht. Und die Inhalte der technischen Handbücher sind ebenfalls auf dessen Festplatte versteckt. Mir tun zwar die Bäume leid, doch mit Papier gings für mich bislang wesentlich einfacher. Zeit bringt Rat und ich hoffe bis zu meinem Erstflug in knapp zwei Wochen werde ich in der Lage sein, die Geschwindigkeiten für den Start vor dem Einziehen des Fahrwerks berechnen zu können.
Mit den Wordings ist es auch so eine Sache. Bei den gängigen Checklisten für die Normal Ops liest der Copi jeweils den entsprechenden Punkt. Die Antwort kommt vom Kapitän. Im Idealfall mit dem korrekten Begriff. Zur Auswahl stehen etwa Checked, Rechecked, Set, On, Verified oder Completed. Was bei Airbus oder Etihad mit No Blue abgetitelt wird, soll ich bei der Swiss mit All Green quittieren. Die geneigte Leserschaft wird rasch erkennen, dass hier beachtliches Konfusionspotenzial vorhanden ist. Der Auszubildende studiert zwar im Vorfeld fleissig die betreffenden Bezeichnungen und Abläufe, doch im Cockpit scheint alles wie weggepustet. Und wenn ich einmal im entsprechenden Handbuch nachschlagen will, beisse ich mir am friedlich hibernierenden Computer die Zähne aus.
So dümple ich nun im Berner Oberland, getragen von der Hoffnung, dass auch mir in Bälde das viel zitierte Licht aufgehen wird. Das Ende des Tunnels rückt näher, doch noch ist die Fahrt nicht staufrei. Genau so, wie heute Mittag auf der A1.
Zum Glück scheint in diesen Tagen die Sonne! Immerhin - ich hätte ja auch im Januar zurückkommen können.
da würde ich mir überhauptmal keine sorgen machen!
ReplyDeletedas ist doch überall in den ersten paar tagen so ein chaos und man meint, es hätte irgendjemand die eigene interne festplatte ausgebaut.
das machen sie durch erfahrung wieder wett ...
und die V vor dem einziehen des fahrwerks lassen sie den copi machen ... ja, ich weiß ... CCC ... :-) ...geht ja nicht ... :-)
viel spaß beim check jedenfalls!
achsoooo ... jetzt fällt mir noch etwas ein: kommen die produkte für die iPad-festplatte ... charts ... von Lido?
ReplyDelete@fmu: Sorgen mache ich mir deswegen keine. Mir war von Anfang an bewusst, dass dieser Umstieg nicht stolperfrei verlaufen würde. Zumindest bin ich mit meiner Kopilotin hervorragend bedient. Sie bietet tolle Unterstützung, weit übers Einziehen des Fahrwerks hinaus.
ReplyDeleteDie Airport-Charts sind in der Tat von Lido.
Gruss
Dieter
Das Umsatteln von einem A340 auf den anderen hatte ich mir wesentlich einfacher vorgestellt. Das sehe ich nun, eines Besseren belehrt, etwas differenzierter... Gut dass es diesen Blog gibt.
ReplyDeleteEin gewichtiger Faktor mag wohl die Gewichtsersparnis sein, bei der Umstellung auf ein papierloses Cockpit. Hat hier wohl ein findiger Kopf berechnet, was an Düsen-Treibstoff eingespart wird, wenn die voluminösen Ordner und Mappen, mit all den Anflugkarten etc. nicht jedes mal mitgeflogen werden müssen?
Bei den auf dem "Schwarzen Gold" sitzenden Oelstaaten Airlines dürften solche Kleinigkeiten wohl weniger ins Gewicht fallen...
Gruss
Crowi
Nicht nur das Gewicht kostet Geld, auch das Papier und der Druck müssen bezahlt werden und die vielen fleissigen Hände welche die unzähligen wöchentlichen Revisionen durchführen. Geht elektronisch alles schneller. Aber wie überall, über Sinn und Unsinn lässt sich streiten...
ReplyDeleteDide, sei froh du bist nicht zu Air France: dort wäre es: "identifié, 3 vertes wenn Fahrwerk draussen, checklist avant décollage, plein piqué, plein cabré"...
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