Tuesday, May 22, 2012

18 X

Der Titel klingt wie ein Geheimcode. Wie der Anfang einer unheimlich raffinierten Geschichte mit einer unheimlich überraschenden Auflösung. Im Milieu der Verbrecher, Agenten und der schönen Frauen. Denn die gehören einfach dazu, die schönen Frauen, wenn der Story denn Erfolg beschieden sein soll. Vielleicht mehr noch als die Übeltäter und Detektive.

In Tat und Wahrheit ist alles viel einfacher. Die 18 X markieren meinen Arbeitsplan für die letzte Maiwoche und den Monat Juni. 18 Tage Reserve X, die in unseren Handbüchern unter anderem wie folgt beschrieben ist: „RESX may be changed into any other duty“.
As simple as that. Kein einziger Flugeinsatz. Nur 18 Kreuze. Bedeutungs- und charakterlos wie ein voller Kehrichtsack, unauffällig wie die graue Maus im dunklen Keller. Aufgeteilt in fünf Blöcke von je drei und vier Tagen. Verteilt über den ganzen Monat, unterbrochen durch einzelne Freitage. Freitage, die im Grunde genommen keine Freitage sind. Weil die KollegInnen der Crew-Dispo den Taktstock führen und den 18 X zum gegebenen Zeitpunkt neues Leben einhauchen werden. Die bedeutungslosen Kreuze werden dann ersetzt durch eine zeitlich definierte Reserve oder durch einen Flug. Irgendwann. Irgendwohin. Möglicherweise klingelt das Telefon erst drei Stunden vor dem Start nach Hong Kong. Vielleicht, weil ein Kollege von der Leiter gestürzt ist und sich das Schlüsselbein gebrochen hat. Vielleicht auch, weil in Südostasien ein Typhoon wütet und operationelle Konsequenzen fordert. Und letztlich erweisen sich auch technische Defekte immer wieder als fiese Spielverderber.

18 X und die Crew-Dispo werden also meinen kommenden Monatsrhythmus diktieren. Die Damen und Herren im ersten Stock des Ops bestimmen über wachen und schlafen und sie entscheiden ebenfalls, ob ich Mitte Monat, am Geburtstag meiner Frau, mit ihr anstossen kann. Dabei schlüpfen sie in – für mich – unterschiedliche Rollen. Wie im Theater: Gute Feen oder böse Hexen. Meine Teilnahme an einer, von langer Hand geplanten Museumsführung mit Freunden bleibt vorerst ungewiss. Und ich kann heute noch keine verbindliche Zusage für eine Reise Ende Juni mit dem Squashclub nach Malta machen. Der Reservemonat hat mich überrascht, auf dem linken Fuss erwischt: „Contre-pied“, würde der Sportreporter die Szene kommentieren. Wenn sich der Torhüter derart düpieren lässt, gibts ein Tor. Bei mir ist das Sozialleben für die nächsten fünf Wochen so ziemlich im Eimer.

Doch ich will nicht jammern. The future in aviation is the next 30 seconds. Long term planning is an hour and a half“. Was schere ich mich also um den nächsten Monat? Was beschäftigen mich Fragen wie: Wieviele Nächte werde ich mir im Cockpit um die Ohren schlagen? Wohin wird es mich verschlagen? In den Osten oder in den Westen? Muss ich die Winterjacke aus dem Kasten holen oder genügen T-Shirt und Shorts?

Ich weiss es ganz einfach nicht. Stay flexible. Noch sitze ich in New York. Heute Abend fliegen wir zurück in die Schweiz. Dann stehen zwei Freitage an bevor am Samstag mein erster Reserveblock beginnt.

Expect the unexpected. Ich bin bereit.

3 comments:

  1. http://www.youtube.com/watch?v=t-tUNMnse6s&feature=g-u-u
    Wurde etwa hier dein Rückflug aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten in HD archiviert? :)
    Wäre ja ein lustiger Zufall!

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    1. Das war nicht ich. Ein Kollege, wie es scheint. Hab den Film zum ersten Mal gesehen.

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    2. Na gut, schade. Wirklich sehr zu empfehlen der Kanal. Und wer weiß, vielleicht ist es ja irgendwann einmal soweit ;)

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