Thursday, April 19, 2012

Än schöne Flug!

Begegnungen im Ops, dem Crewcenter am Flughafen Zürich, sind in der Regel kurz. Die einen hasten zum Briefing, andere packen nach langem Nachtflug ihre sieben Sachen zusammen und wollen möglichst schnell nach Hause ins Bett. Piloten und Cabincrew tratschen beim Einchecken an den Computer-Terminals, beim Kaffeeautomaten, in der Raucherkammer, den engen Gängen der Garderobe – nach Geschlechtern getrennt - oder in einer der zahlreichen Toiletten. Auch das gibts. Zeit für lange Gespräche bleibt kaum.

„Wohär chunsch?“

Frustrierend, wenn diese Frage vor einem Flug gestellt wird. Sehe ich wirklich dermassen abgespannt aus? Ein „Wohäre gaasch?“ wäre passender.

Wer gelandet ist hat meistens mehr Zeit, als wer geht. Doch „auf dem Sprung“ sind sie alle. Uniformen werden gegen Zivilklamotten getauscht, frische Hemden aus dem Wäschefach in übervolle Koffer gestopft. Schnell noch einen Blick in den Spiegel und in die Mailbox – nicht die elektronische – dann gehts weiter. Nicht alle haben Zeit für spontane Begegnungen. „Sorry, kei Zyt, muess is Briefing“, und husch, ist sie oder er um die Ecke verschwunden!

„Än schöne Flug!“

Immer wieder wünschen wir sie uns, die schönen Flüge. Was aber meinen wir denn überhaupt damit? Ich grüble, was wohl hinter dieser, im Ops so oft gehörten, Floskel steckt. Schliesslich sind wir ja keine Ferienreisenden, die während der nächsten Stunden in einer der drei Swiss-Klassen (am liebsten natürlich der ersten...) hinflatschen und die Beine hoch lagern dürfen. Bestenfalls wartet irgendwann die harte Pritsche im engen Crewbunk. Was also,  bitte schön, soll dieses „Än schöne Flug“ für hart arbeitende Besatzungsmitglieder....?

Wann überhaupt ist ein Flug ein schöner Flug? Was ist ausschlaggebend? Die Anzahl der Cockpitbesuche weiblicher Flight Attendants? Die Menge der gereichten Espressi? Spielt die Anzahl der Passagiere eine Rolle? Sind Flugroute, Menge der zu umfliegenden Gewittertürme, das Alter der Flugmaschine, die nette Stimme am Funk oder etwa die Tageszeit von Bedeutung? Letztere vielleicht, denn Flüge am Tag offenbaren mitunter fantastisch schöne Blicke auf die unter uns vorbeiziehende Landschaft. Allerdings ist auch ein glitzernder Sternenhimmel nicht zu verachten. Mit der Möglichkeit, beim Entdecken einer Sternschnuppe den einen oder anderen stillen Herzenswunsch ins All zu schicken.  
Wie schön macht Pünktlichkeit? Mag sein, dass schön gar nicht unbedingt schön sein muss. Vielleicht würden Begriffe wie kurz, schnell, sicher, problemlos oder unfallfrei wesentlich besser passen.

Vielleicht aber verwenden wir Floskeln, insbesondere die hier hinterfragte, ganz einfach auch aus Verlegenheit. Weil ein einfaches „Tschüss“ nicht genügt. Zu wenig, zu schroff. Dabei wäre doch weniger manchmal mehr. Oder ist es simple Gewohnheit, von der wir uns nicht lösen können. Die Frage stellt sich nicht nur in der Fliegerei. Gefloskelt wird überall und jederzeit. Wir floskeln uns durchs Leben, als hätten wir seit unserer Geburt nie etwas anderes gemacht: Bis bald, än Guete, viel Vergnüege, schlaf guet, träum süess – oder die Krönung aller Floskeln: Freut mi! 
Immer dann, wenn wir einer unbekannten Person zum ersten Mal die Hand reichen. Mit Verlaub, wars denn immer ein so ungetrübtes Vergnügen...?

Jetzt wirds heikel. Und überhaupt: zuviel der Fragen. 

Deshalb verabschiede ich mich erst einmal in die Ferien. Dahin, von wo ich gestern gekommen bin: Nach Kalifornien. Fantasielos, ich weiss. Wir freuen uns trotzdem. Die Facebook-Accounts der Kinder belegen es.
Zuerst mit dem Flieger – än schöne Flug - dann mit dem Auto – ä gueti Fahrt. Denn „ä schöni Fahrt“ ist eher unüblich. Obwohl, in Anbetracht der oben angestellten Überlegungen, wärs politisch und ethisch ebenfalls korrekt. Man könnte es gelten lassen. Wie das Siegtor der Zürcher zwei Sekunden vor Spielschluss.

Wie auch immer – schöne Ferien und bis bald!

15 comments:

  1. Vielleicht wollt Ihr Euch gegenseitig nur in Erinnerung rufen, dass Ihr Fliegenden einen "schönen" Job habt? Ist mir übrigens noch nie passiert, dass mir im Lift jemand einen "schönen" Arbeitstag gewünscht hat. Obwohl auch hier der Blick aus dem Fenster durchaus ästhetisch schöne Momente hergibt, zum Beispiel, wenn mittags ein Dickschiff nach dem anderen in den Himmel steigt und sich die Flügel sanft in eine Linkskurve neigen.
    Gruss von einem Bodenschwein im 3Tops :-)

    ReplyDelete
    Replies
    1. Deine Interpretation zeigt philosophischen Ansatz. Warum nicht...?

      Delete
  2. Tja: "Än schöne Flug"
    "Nur Fliegen ist schöner"
    ...immerhin, was heute zur Routine geworden ist, mit Bordzeitung und heruntergelassenen Jalousien am Fensterplatz, weist einen nicht unbeträchtlichen geschichtlichen Hintergrund auf:
    Jahrtausende vor Montgolfier, Lilienthal & Co., galt Fliegen als "Menschheitstraum", ausschliessliches Privileg der Engel, Götter und Vögel.
    So gesehen mag "en schönä Flug" so was wie ein archaisches Überbleibsel sein. Aber wie auch noch so Aussergewöhnliches zu Routine verblassen kann, ist wohl kaum etwas vor "Verfloskelung" gefeit, was je von Menschen gesprochen wurde, bis zum Amen in der Kirche...

    Just my mustard
    Crowi

    ReplyDelete
    Replies
    1. Gerade darin liegt vielleicht die Tragik unserer Gesellschaft; in der Verfloskelung der wahren Werte...

      Delete
  3. ...vielleicht ist es das Teamfeeling, welches hier zum Vorschein kommt...schliesslich sind wir Aviatiker ja so ein bisschen was wie eine grosse Familie, oder etwa nicht...?

    Schöni Ferie - ganz ehrlich gemeint ;-)

    ReplyDelete
    Replies
    1. Wir sind in der Tat eine grosse Familie; Die Flieger- und TWR-Mädels und -jungs!
      Und danke für die guten Ferienwünsche! Nehme sie so, wie geschrieben. Ohne Hintergedanken! Auch ehrlich gemeint:)

      Delete
  4. Uii, jetzt muss ich aber mit der Formulierung aufpassen...
    Nichts desto trotz wünsche ich der ganzen Family viele spannende, gemeinsame Erlebnisse, viel Sonnenschein mit angenehmen Temperaturen (es kann ja fast nur besser werden!), feines Essen mit gutem kalifornischen Wein, Erholung darf auch nicht fehlen und last but not least viel Inspiration für neue Bloggeinträge!
    Have fun and enjoy, Bettina

    ReplyDelete
    Replies
    1. Hallo Bettina und vielen Dank! Werde mir Mühe geben, deine Anregungen umzusetzen...

      Delete
    2. ... nur kein Stress, es sind Ferien angesagt! Wir haben im täglichen Leben genug Zeitdruck, oder? Bettina

      Delete
  5. California Dreamin'

    ...einen schönen, und das ist so gemeint, (wobei Vorkehrungen getroffen werden müssen, dass nicht auch dieser Einschub zur Floskel verkommt:-) Urlaub
    wünscht
    Crowi

    ReplyDelete
  6. in grauer vorzeit hieß es immer: happy landing " und das war ( bei den meisten)
    ehrlich gemeint. in diesem sinne also
    happy landing

    ReplyDelete
    Replies
    1. Vielen Dank. Wir sind happily gelandet in Kalifornien.

      Delete
  7. Darum wirst Du von mir nur "en gute Flug" hören. Will heissen ereignislos, kurz und pünktlich. Echt langweilig eben. Ein Flug der keinen Anlass für einen Blogbeitrag liefert und schon gar nicht für eine Pressemeldung...

    Und nun wünsche ich erholsame Ferien

    ReplyDelete
    Replies
    1. Ich hoffe doch, sollten wir denn einmal gemeinsam fliegen, das keine Langeweile angesagt sein wird. Auf die Pressemeldung wollen wir auf jeden Fall verzichten!

      Gruss

      Delete
    2. ...mit T.M. in der Kommandozentrale würde es auch auf einem stinknormalen Flug garantiert nicht langweilig werden...

      Delete