Monday, February 13, 2012

Frustpotential

Ich will nicht einmal mehr wissen, wie man's richtig schreibt. Mit "t" oder "z". Egal. Es war eine harte Woche. Nicht unbedingt wegen der frostigen Temperaturen. Unsere Heizung hat durchgehalten, die Batterie meines Schweden hat auch nicht schlapp gemacht. Das Erdbeben haben wir ebenfalls ohne Risse, Brüche oder andere Mauerschäden überstanden.
Doch irgendwie liefs trotzdem harzig: Vier Bussen, sportliche Niederlagen, das Steueramt mit nachträglichen Forderungen und die Frau in Abu Dhabi.

Das mit den Bussen (Vorsicht: hier ist nicht vom ÖV die Rede) ärgert gewaltig. Nun gut, ich hätte früher daran denken, umsichtiger die Limiten beachten sollen. Nein, ich bin kein Raser, aber es macht eben schon einen Unterschied, ob die maximal zulässige Geschwindigkeit 60kmh (angenommen) oder 40kmh (aktuell) beträgt. Das Resultat liegt jetzt in dreifacher Ausführung auf meinem Schreibtisch. Im gelben Klarsichtmäppli mit den unbezahlten Rechnungen. Ganz zuunterst, damit ich mir das nicht ständig anschauen muss. Und dann ist da noch die Sache mit der Autobahnvignette. Auch diesen Einzahlungsschein habe ich sorgfältig abgelegt. Ebenfalls im Mäppli, dem gelben.
Von guten Freunden oder fürsorglichen Kollegen hätte ich eigentlich einen kleinen Tipp erwartet. Etwa: „Seid ihr Rückkehrer euch eigentlich bewusst, dass ab dem 1. Februar die Vignette fürs 2012 an die Scheibe geklebt werden muss...?“ In unseren fünf Abu Dhabi-Jahren gingen eben einige Dinge vergessen. Doch nichts dergleichen. Kein Wort, keine Silbe, kein Vectoring. Egoisten diese Schweizer! Ich frage mich ernsthaft, wo und von wem der gute Pestalozzi seinerzeit inspiriert wurde. Jetzt haben sie halt den Sohn auf der Autobahn erwischt. Mit korrekter Geschwindigkeit zwar, dafür ohne Vignette. Den Einzahlungsschein haben sie ihm gleich mitgegeben. Polizisten sind ja keine Unmenschen.

Aber Piloten sind eben auch nur Menschen. Das muss an dieser Stelle einfach wieder einmal gesagt sein. Ganz normale, mit Frustgefühlen, wie sie beispielsweise nach Mehrfach-Bussenzahlung oder wiederholter sportlicher Niederlage auftreten. Und die wollen abgebaut werden, die Frustgefühle. Ich fliege morgen nach Chicago. Da erwarten Mitarbeiter und Passagiere einen ausgeglichenen Kapitän. Einen umsichtigen Leader, sanft wie ein Schaf und präzis wie eine Schweizer Uhr.
Genau deshalb strebe ich im Vorfeld eines Fluges an, das innerliche Equilibrium zu gewährleisten. Ohne Rücksicht auf Verluste. Zumindest, was das Material betrifft. Die einen stopfen sich voll mit Schokolade, andere leeren eine Flasche Rotwein. Ich bin zwar beidem keineswegs abgeneigt, allerdings bieten sich manchmal - zum Beispiel nach sportlichen Einbrüchen - andere Gelegenheiten, seinen Frust abzuarbeiten. Nicht unbedingt im übertragenen Sinne. Sondern wörtlich, sinngemäss, eben so, wie beschrieben. 
Geknickte Seele, geknicktes Racket. Und das, liebe Leser, wäre dann doch bereits der erste Schritt zum angestrebten Gleichgewicht. Oder nicht...?

11 comments:

  1. 2 Tipps eins nicht egoistischen Schweizers: Beachte beim nachträglichen aufkleben der Vignette, dass du sie am Rand anbringst. Sonst riskierst du noch mehr Frustpotential. Und nächstes mal nicht mit kopf spielen... ich empfehle ein wilson.

    ReplyDelete
  2. Danke für den Tipp Flavio! Kommt aber zu spät: Die Vignette klebt bereits in der Mitte der Scheibe unter dem Rückspiegel. Und den Kopf hab ich bereits durch einen Prinzen ersetzt!

    Gruss

    ReplyDelete
  3. ...könnte es sein, dass du mitlesende Lotsinnen im Visier hast?

    ReplyDelete
    Replies
    1. Achtung, da ist Vorsicht geboten. Bei dieser Fragestellung sind weitere ironische Sprüche deiner Arbeitskollegen/innen nicht auszuschliessen...

      Delete
  4. … vielleicht hilft die Broschüre für weiter, die Ausländern den Umzug in die CH erleichtern soll http://www.comparis.ch/~/media/Files/W2CHB/Checkliste-Leben-und-Arbeiten-in-der-Schweiz.pdf.

    Zum Frustabbau empfehle ich Schneeschaufeln und Schümli Pflümli danach.

    ReplyDelete
  5. hab mir sagen lassen dass es bis zur absoluten Ausgeglichenheit 4 Rackets benötigt: http://www.tagesanzeiger.ch/sport/tennis/Baghdatis-Wutanfall--Wawrinkas-Grabscher/story/20372374 Leider sind die schönen Videos allesamt vom Netz. Baghdatis hatte wohl was gegen seinen Wutanfall einzuwenden...

    Gruess,

    Severin

    ReplyDelete
  6. Powerful! Dieser geknickte Schläger!

    "Frustpotential" Das Potenzial dieser Wortverbindung fasziniert mich: Erinnert an die "Fruchtbarkeit von Krisen", oder "Schicksal als Chance".

    Übrigens: Habe "Blindflug nach Abu Dhabi", das BUCH erworben und die ersten Seiten gelesen, welche ich bereits weiter empfehlen kann: Wer wissen will, wie das war dazumals, die Swiss Pleite, findet hier einen hervorragenden Abriss.
    Dide bringt es auf den Punkt; wie immer.

    Crowi

    ReplyDelete
  7. @nff: Danke für den Tipp. Das nächste Jahr werde ich die Vignette sicher nicht mehr vergessen. Und gibts den Schümli Pflümli auch ohne Schneeschaufeln...?

    @Severin: Ich habe Baghdatis live am TV miterlebt. Im Gegensatz zu ihm muss ich meine Rackets allerdings selber bezahlen. Da kann ich es mir nicht leisten, die Dinger verpackt und in dieser hohen Kadenz zu zertrümmern.

    @Crowi: Freut mich, wenn das Buch gefällt. Danke!

    ReplyDelete
    Replies
    1. Den Schümli Pflümli gibts leider nicht ohne schneeschaufeln.
      Dafür ist der Pflümli danach sicher noch besser im Geschmack beim auftauen der Beisserchen. :)»

      Delete
  8. Tja die Radars in der Schweiz... Kann mich an einer Fahrt von Stadel nach Kloten mit Dir errinnern, da warst du auch über 80... Leider gibt es in den Autos kein Overspeed Warning wie im Flugzeug....

    ReplyDelete
    Replies
    1. ABer, aber - solche Anschuldigungen. Und dann erst noch ohne Namensnennung...

      Wenn ich mit 80kmh gefahren bin, wird das Wohl im 100er-Bereich gewesen sein!

      Gruss aus Chicago (wo ich nur Taxi fahre)

      Delete