Thursday, March 29, 2012

Das hatten wir doch schon einmal...

Auf Sutter folgt Dosé. Eine bekannte Abfolge, mit dem unwesentlichen Unterschied nur, eines einzigen Buchstabens. Aber letztlich spielt ein „t“ mehr oder weniger keine Rolle. Entscheidender müsste eigentlich die Fachkenntnis des neuen Chefs sein.
Im Fussball, so lehren uns hitzige Diskussionen immer wieder, darf ein jeder Experte sein. Also auch der Tausendsassa-CEO, der sein Talent ja bereits vor Jahren in Basel, Zürich und Arabien unter Beweis gestellt hat.
Zukünftig befasst sich Dosé also nicht mehr mit Fliegenden sondern mit Hüpfenden. Sie tun dies vorwiegend auf Gras. Geflogen wird nur in Ausnahmefällen, etwa bei ungenügenden Leistungen. Dann allerdings nicht mit dem Flieger. Und keinesfalls erste Klasse. Ansonsten kann man das Ganze noch dem Trainer in die Adiletten schieben. Ein klitzekleines bisschen Verantwortung wird er wohl noch übernehmen.
Bei GC gibt es im Grunde genommen nicht mehr viel zu verlieren. Aus den einst erfolgreichen Hoppers sind müde Kriecher geworden,  
Und Niederhasli im schönen Zürcher Unterland hat zweifellos auch seine Reize. Bescheidener zwar als Bahrain oder Basel, aber bei 8500 Einwohnern darf man getrost mit der kleineren Kelle anrichten. Im Gemeinderat wie in der Beiz.

Eigentlich wälze ich heute Mittag, auf der Rückfahrt vom Flughafen, andere Gedanken als die Rochade im GC-Vorstand. Vor Stundenfrist erst aus New York kommend gelandet, versuche ich meinen Aktivitätsstatus zu drosseln. Wie immer nach solchen Flügen verschmelzen Eindrücke und Gesichter der letzten beiden Tage in meinem Kopf zu obstrusen Gebilden. Die Müdigkeit der schlaflosen Nacht macht mich träge.
Der Copi und ich wurden auf dieser Reise begleitet. Bei ihm war’s der Cousin, dem der Sinn bei seinem ersten Besuch im Big Apple nach Sightseeing stand. Bei mir das TWR Mädel, die jedoch die Beobachtungen im Cockpit über alles stellte.
Mit der Einreise taten sie die Beiden schwer und strauchelten bereits an der ersten Hürde, der Immigration. Sie positionierten sich in der Menge der Wartenden derart (un)geschickt, dass sie auch noch am Warten waren, als das Swiss-Gepäckband schon lange leer und verwaist seine Runden drehte.

Es kam aber dann doch noch alles gut. Heute Morgen, beim Anflug in Zürich überholten wir, mit einem Hauch schlechten Gewissens, sogar den dümpelnden Kollegen nff. Unser märchenhaftes Glück mag an der Lotsenfee, am holden Minnesänger oder am blonden Engel Maria gelegen haben. Der Datenschutz verbietet mir in diesem Fall die Veröffentlichung weiterer Details. Vielleicht, wer weiss, werde ich eines Tages in der Lage sein, den Schleier zu lüften.

Die Grashoppers sind mir in diesem Punkt einen gewichtigen Schritt voraus. Sie haben getan und gesagt, was getan und gesagt werden darf. Oder werden kann. Oder vor (vielleicht) längerer Zeit auch getan und gesagt hätte werden müssen.

Aber was weiss ich armer Träumer denn schon. Schliesslich bin ich Pilot und nicht Fussballfachmann...

Monday, March 26, 2012

Familiäres

Offenbar erweist es sich als schwierig, sämtliche Geheimnisse des Navigationscomputers zu ergründen. Beruhigend ist immerhin, dass ich dabei nicht der Einzige zu sein scheine, der Probleme bekundet.

Da wende ich mich doch lieber den einfacheren, weniger belastenden Dingen dieses Lebens zu: Der Familie beispielsweise. Hochkomplex zwar in Sachen Kommunikation und Konfliktprävention, letztlich aber immer wieder erfrischend weil ungekünstelt echt und in der Regel virenfrei. Und die zentrale Frage lautet nicht einfach „True“ oder „Magnetic“. Die Diskussion geht tiefer: Von „False“ , „True“ und „Very true“ über "Politically incorrect" bis hin zu „Extremely true“!

Der Sohn hat sich vor Wochenfrist nach Vancouver abgesetzt, um seine Schwester – und einige Schulkollegen aus Abu Dhabi Zeiten – zu besuchen. Die Anreise verlief nicht ohne Probleme und hat ihn die Tücken der „Standby-Fliegerei“ gnadenlos spüren lassen. Das erste Teilstück nach San Francisco klappte zwar ausgezeichnet, doch, erst einmal amerikanischen Boden unter den Füssen, geriet die Reise so erbärmlich ins Stottern wie ein Ottomotor mit verschlissenen Zündkerzen.
Übel war’s. Um nicht zu sagen chaotisch. Er scheiterte beim letzten Anschlussflug an diesem Tag nach Vancouver und musste durch verschmutzte Flughafenscheiben mitansehen, wie der United Airlines Airbus ohne ihn zur Piste rollte.

Nach einer kurzen Nacht in einem Airporthotel checkte er um fünf Uhr in der Früh an der Rezeption aus und wenig später am Flughafen ein. Im Bewusstsein, dass die ausgebuchten Maschinen nicht viel Hoffnung auf eine baldige Weiterreise verhiessen.
Doch Air Canada hatte ein Einsehen und erbarmte sich des jungen Mannes, so dass er noch vor der Mittagsstunde sein Ziel erreichte.
„Nie mehr via San Francisco!“, resumierte Tim nach seiner Ankunft bei der Schwester, wo er die Nächte seiner Ferien, wenig komfortabel aber günstig, in ihrem kleinen Zimmer auf einer Luftmatratze am Boden verbringt und froh ist, wenn sie ihm jeweils am Morgen, beim Aufbruch zum Tageswerk, nicht auf die Füsse oder andere heikle Körperteile tritt.

Konzertbesuche, unter anderem von Künstlern, deren Namen bei der Elternschaft Assoziationen an Kampfhunde wecken, sorgen für stimmigen Feriengroove. Schon eher nachvollziehen können wir des Sohnes ungezügelte Begeisterung über einen Skitag in Whistler. „Most amazing“ soll’s gewesen sein. Bei wolkenlosem Himmel und mit ununterbrochenem Sonnenschein, berichtet er und unterlegt mit entsprechendem Fotomaterial.

Derweil die Tochter, seine Schwester, für eine weitere Lipdub-Produktion der Uni tanzt (studieren die auch zwischendurch...?) und daneben nach einem Zimmer für’s kommende Studienjahr sucht. Die Uni garantiert lediglich für Studenten im ersten Jahr eine Unterkunft auf dem Campus. Nur wer viel Glück hat, behält sein Gastrecht auch danach. Die Zuteilung erfolgt über ein Lotteriesystem. Bei Linda hat es leider nicht geklappt. Und ihr aktuelles Wartelisten-Ranking von 1155 stimmt uns wenig optimistisch. Die Ausgangslage führt zu knisternden Diskussionen am Skype, womit wir wieder beim eingangs erwähnten Thema innerfamiliäre „Konfliktprävention“wären.

Zusammen mit einer Freundin ist sie also auf der Suche nach einer geeigneten Kleinwohnung. Bislang ohne Erfolg. In Abu Dhabi liefen diese Dinge einfacher. Noch bleiben einige Wochen bis zum Semesterende am 23. April.

Wir drücken die Daumen. Und warten gespannt.   

Friday, March 23, 2012

Was ist hier falsch...?

Eigentlich hatte ich die Absicht, einen Post zu einem anderen Thema der Aviatik zu verfassen. Bis ich heute Nacht, auf dem Rückweg von New York, plötzlich stutzig wurde. Das wird nicht alle gleichermassen begeistern, denn nun wird’s halt etwas fachidiotisch.

Zuerst mache ich meine Müdigkeit verantwortlich. Später vermute ich eine weitere Kenntnislücke. Grund für die Stirnfalten, die bis zur Stunde anhalten, ist unser Navigationscomputer der Entwicklergruppe Thales and Smiths Aerospace.
Bei der Programmierung der Standlinien vom ETP (Equivalent Time Point) zu den ETOPS (Extended-range Twin-engine Operational Performance Standards)-Ausweichplätzen fällt mir eine Besonderheit auf, die möglicherweise, so schwant mir, gar keine ist. Vielleicht gehe ich von einer falschen Annahme aus, doch eine logische Erklärung finde ich beim besten aller Willen nicht. Ob es doch am Nachtflug liegt? Auch ein zaghaftes Nachfragen beim Copi fördert keinen brauchbaren Ansatz zutage. Wahrscheinlich werden erst skypointer oder G! Licht ins Dunkel bringen. Vielleicht kann auch nff helfen. Wenn er denn nicht gerade im Engadin Schüümli-Pflüümli trinkt, kurz mal langläuft oder philosophische Betrachtungen zur Schneeschmelze anstellt. Vom TWR Mädel erwarte ich mir in diesem Fall keine Hilfe. Sie hat ihre Schuldigkeit erfüllt. Das Vectoring heute morgen war dermassen smooth und direkt, dass des Copiloten linke Hand mindestens so lange am Speedbrake-Hebel verharrte wie die rechte später für die Landung am Sidestick.  

Doch worum geht es denn nun eigentlich...?

Der Navigationscomputer bietet die Möglichkeit, für zwei selektierte Punkte – in der Regel handelt es sich um mögliche Ausweichplätze - einen ETP (Equal Time Point) zu rechnen. Auf dem FMS-Display, das bei Airbus (Vive la France!) MCDU (Multipurpose Control and Display Units) genannt wird, sind die Kursangaben und Distanzen von der aktuellen Flugzeugposition oder von den ETP’s zu den beiden Flughäfen ersichtlich. Da unsere Kompasssysteme auf Magnetisch Nord ausgerichtet sind, beziehen sich die angezeigten Werte logischerweise auf diese Referenz. Mit einem Knopfdruck besteht die Möglichkeit, sämtliche Systeme auf „True Nord“ umzustellen, was dann jeweils mit dem Buchstaben „T“ angezeigt wird. Die Kursangabe ändert entsprechend zur aktuellen Variation.
Mit einer Ausnahme: Das Bearing vom ETP zu den Alternates bleibt – ob true oder magnetisch - gleich. Gewollt oder ungewollt? Sinnvoll scheint das auf jeden Fall nicht, denn das „T“ hinter der Kursangabe lässt annehmen, dass die Referenz geändert hat.   

Was ist hier bloss falsch...?

Magnetic Nord Reference

True Nord Reference

Tuesday, March 20, 2012

Vergissmeinnicht



Vergissmeinnicht - nun dazu ist es wohl schon zu spät: Das edle Schreibgerät ist bereits vergessen gegangen. Genauer – es wurde mir nach der Lesung in Stadel geliehen. Von einem Paar, einer Dame eigentlich, die dann sogleich, nach Entgegennahme des signierten Buches, das Weite suchte.

Jetzt plagt mich das schlechte Gewissen. Das Vergissmeinnicht gehört zu den Raublattgewächsen. Und das schreibt sich lediglich mit einem „b“, ansonsten wäre die Bezeichnung der Gattung ja noch ganz passend.

Der Schreiber trägt eine Gravur, die ich, aus Gründen des Datenschutzes und der Diskretion, auf dem Foto nicht offenbare. Besagte Dame wird sich wohl erinnern. Und ich liesse ihr den Kugli gerne und spesenfrei zukommen.Wenn ich denn wüsste, wohin.

Denn wie gesagt; Raublattgewächs schreibt sich nur mit einem „b“...

Sunday, March 18, 2012

Kabelsalat

Moderne Technik vereinfacht das Leben. Voraussgesetzt, man versteht damit umzugehen. Ebenfalls Bedingung ist, dass sich die ausgeklügelten, hoch entwickelten und raffinierten Programme, Maschinen und Systeme an die Vorgaben halten und keine Zicken machen.

Wer sich schwertut mit dem Technologiefortschritt möge bedenken, dass die „guten alten Zeiten“ – entgegen landläufiger Schwärmereien – nicht unbedingt besser waren. Nach vier Legs im analogen Cockpit fühlte man sich seinerzeit schlapp und ausgelaugt, brachte mitunter am Abend kaum die Kraft auf, den Humpen an der Bar zu stemmen. Der Aufwand war wesentlich grösser als in den heutigen, modern ausgerüsteten Pilotenkanzeln. Der Aufwand beim Fliegen, meine ich. Nicht den beim Humpenstemmen...

Bei der guten alten DC-9-32, wie ich sie in meinen Anfängen als Linienpilot erlebt habe, wurde mit Funkfeuern navigiert. Die Piloten selektierten die Frequenzen jener Stationen, die den Flugweg vorgaben und steuerten sie auf den vorgegebenen Radialen (Richtung des Peilstrahls) an.
Heute wird die gesamte Route eines Fluges im Navigationscomputer eingetippt. Dazu gehören auch die oftmals komplexen An- und Abflugverfahren. Die Eingabe geschieht am Boden, noch vor dem Start der Triebwerke und ermöglicht den Herren im Cockpit, die zu fliegende Strecke frühzeitig und stressfrei mit den Daten des Flugplans zu vergleichen. Theoretisch könnten sie, was die Navigation anbelangt, nach dem Start zurücklehnen und sich der Überwachung des Computers oder kurzfristig angeordneten Änderungen der Route widmen. Wie gesagt; theoretisch. Die Praxis schaut natürlich anders aus. Vor 30 Jahren gab es weder die entsprechenden Computer noch eine vergleichbare Software. Die Route musste fortlaufend angepasst werden. Die Piloten machten ihre Eingaben im Moment des Richtungswechsels. Entscheidend war, keine Kursänderung zu verpassen.

Wie wir nun aber wissen, hat alles im Leben seine Zeit. Wir gewöhnen uns an Dinge und verfangen uns in Erwartungshaltungen. Alles fliesst, und wir sehen uns ständigen Änderungen ausgesetzt. Übergänge mit wechselnden Strukturen lassen Skeptiker zu Zauderern werden und machen aus Sturköpfen Besserwisser. Anfänglich sehnen wir uns nach dem Status quo ante, später wird das Neue zur Gewohnheit. Und tun wir uns schwer damit, flüchten wir eines Tages in die Hoffnung auf Verbesserung.
Auch in unseren Cockpits sind die Folgen der Veränderung präsent. Innovative Ansätze verfangen sich in alten Kabeln. Nicht nur sprichwörtlich. Lose, schwergewichtige Tablets ersetzen die vormaligen Manuale mit den Flugplatzkarten. Das erweitert zwar die technischen Möglichkeiten, dumm ist nur, dass das Gerät gerade dann, wenn ich es am meisten brauche, bei Abflug oder Anflug, im Ablagefach verstaut und gesichert werden muss. Und zwar dergestalt, dass mir die Einsicht in Anflugverfahren und Rollwege verwehrt ist. Es sei denn, ich greife zu den guten alten Papierkarten. Womit der digitale Fortschritt auch gleich wieder verpufft...

Eine weitere freischwebende Einrichtung ist das Electronic Cabin Log. Ein Kleincomputer, in den unsere Kabinenchefs zum Beispiel defekte Espressomaschinen eintragen. Und davon gibt es dieser Tage wahrlich genug. Letzte Woche, nach Los Angeles und drei Tage später wieder zurück, waren beide installierten Maschinen out of order. Tote Hose. Zwölf Stunden Flug ohne Espresso – das grenzt beinahe schon an Menschenverachtung und Tierquälerei. Wer’s nicht glaubt, soll selber einmal probieren.

Da die Tablets und Compis, beziehungsweise deren Akkus, regelmässig aufgeladen werden, läuft nichts ohne Kabel, oft blockiert durch Checklisten, Essensplateaus oder Handbücher. Im selben Bereich befindet sich auch der Deckel meiner Sauerstoffmaske, auf die ich bei einem Druckabfall oder bei Rauch jederzeit ungehinderten Zugriff haben sollte.

Ein modernes Cockpit im Schwebezustand zwischen alt und neu. Ich ärgere mich bei jedem Flug über dieses Gewirr. Manchmal wickelt sich auch, ganz keck, das Kabel des Kopfhörers dazwischen. Dann ist der Kabelsalat perfekt!

Aber bald soll alles besser werden. Neue Hardware mit adäquater Software. Fachgerecht installiert. Ohne lose Kabel.
Ich kann es kaum erwarten!

Thursday, March 15, 2012

In den Katakomben

Die Fliegerei macht mich also nicht jünger. Der Illusion beraubt, droht sich Schwermut breitzumachen. Dabei hatte ich schon die tollsten Pläne ausgeheckt, was ich in meiner geschenkten Tausendstelsekunde alles anstellen könnte.
Nun gut – dafür bot mir heute jemand ein übergrosses Trostpflaster! Und nachdem ich vor Monatsfrist in Florida den Mondgänger verpasst hatte, musste ich diesmal keine Sekunde überlegen...

Auf der Rotation nach Los Angeles begleitet mich ein befreundeter Journalist. Er will über zwei Schweizer berichten, die sich in Kalifornien niedergelassen haben, um ihren Traum zu verwirklichen.
Doch wer hart arbeitet, braucht Erholung. Bei der nicht immer sehr freundlichen Dame der Autovermietung fassen wir am Morgen die Schlüssel eines blauen Ford Mustangs aus. In flotter Fahrt gehts Richtung Huntington Beach, wo wir im legendären Ruby’s ein fettig mastiges Eier-Schinken- Zimttoast-Ahornsirup-Butter-Frühstück geniessen. Dazu gibts wässrigen Kaffee und gezuckerten Orangensaft. Das Fett trieft uns aus den Mundwinkeln aber es schmeckt vorzüglich. Die Servierdamen lächeln im Look der Sechzigerjahre, aus den Lautsprechern stimulieren gedämpfte Swing-Balladen.

Anschliessend lassen wir uns treiben Richtung Süden. Mit unbestimmtem Ziel. Obwohl die Sonne scheint, liegen die Temperaturen unter 20 Grad. Für die Jahreszeit eher kühl. Nach einer Rast in einem der vielen Hafencafés zwischen Long Beach und San Diego wenden wir unseren schnittigen Kreuzer und nehmen über die Interstates 5 und 57 Kurs Richtung Honda Center.

Das Heimstadion der Anaheim Mighty Ducks ist umgeben von einer riesigen Parkfläche und hochstämmigen Palmen. Nicht unbedingt eine Kulisse, die glauben lässt, man stünde vor einem Eishockeystadion. Bei den Enten spielen zwei Schweizer eine wichtige Rolle: Der Torhüter Jonas Hiller und der junge Verteidiger Luca Sbisa. Mein Freund, der Journalist, bittet Hiller um Pässe, die uns Zugang zu den unterirdischen Katakomben der Arena gewähren. Für mich ein absoluter Traum. Einmal im Leben vor der Garderobe einer NHL-Mannschaft zu warten und die Spieler zu beobachten, wie sie sich, frisch geduscht mit feucht-glänzenden Haaren durch einen Spalier von Reportern und Fans schlängeln. Sauber gewandet in Anzug und Krawatte, mit Ausnahme von Jonas Hiller, der als Einziger im Sportdress erscheint und seine Gäste (wir sind nicht die Einzigen) persönlich mit Handschlag begrüsst. Allerdings verzieht er sich nach kurzem Plaudern und einigen Autogrammen wieder in der Kabine. Er braucht offenbar mehr Zeit als seine Teamkollegen, um die Aufregung des Spiels abzulegen.

Neben den beiden Schweizern rauschen Legenden wie Saku Koivu (der vor dem Anpfiff für sein 1000 NHL-Spiel geehrt wurde) und Teemu Selänne an uns vorbei. Irgendwo gibt Jari Kurri ein Interview. Er, der einst in Abu Dhabi ein Trainingscamp für Junioren leitete. Zu jener Zeit, als ich die Abu Dhabi Falcons präsidierte. Doch heute stehen wir in den Katakomben der Mighty Ducks von Anaheim. Eine kurze Begrüssung, ein flüchtiges Lächeln, dann rauscht der einstige Sturmpartner Gretzkys zum nächsten Termin.
Dazwischen Spielerfrauen; milde lächelnd, ausnahmslos schlank, hübsch und adrett gekleidet. Irgendwann beruhigt sich die Szene. Die Stars verziehen sich und auch wir räumen das Feld. Der Mustang steht einsam und verloren auf der riesigen Parkfläche. Langsam rollen wir am immer noch hell erleuchteten Stadion vorbei.

Ach ja, Eishockey gespielt haben die mächtigen Enten von Anaheim an diesem Abend natürlich auch. Sogar gewonnen. Vier zu Null gegen die Roten Flügel von Detroit. Ein Shutout also für Hiller, der zum zweitbesten Spieler seines Teams gewählt wurde. Vielleicht haben wir ihm Glück gebracht. Könnte ja sein...
Ich befürchte allerdings, dass skypointer das anders sieht. Und damit meine Träumereien endgültig platzen lässt...












Saku Koivu













Jonas Hiller













Luca Sbisa













Karte zum Glück

Tuesday, March 13, 2012

Piloten und die ewige Jugend

Wer hat nicht schon neidvoll den kreisenden Mäusebussard am Himmel verfolgt oder den von wildem Flügelschlag begleiteten Start eines Wasservogels bewundert? Was diesen Tieren scheinbar mühelos gelingt, ist uns irdischen Schwerenötern nur dank Erfindergeist und sich ständig weiterentwickelnder Technik möglich.
Ob unserer Faszination für die vordergründigen Schönheiten der Fliegerei gehen oftmals die Details vergessen: Das Zusammenspiel vieler Menschen aus unterschiedlichen Bereichen beispielsweise oder die Gesetze der Natur, die es bei jedem Flug zu überlisten gilt. Wer fliegt, beobachtet Himmel und Erde aus einer anderen Optik als der Fussgänger. Die Fortbewegung in der Luft ist mittlerweile selbstverständlich geworden. So selbstverständlich, dass wir kaum noch Fragen stellen. Oder haben Sie sich beim Blick aus dem Flugzeugfenster schon je einmal gewundert, weshalb die Wolken nicht vom Himmel fallen? Das wäre doch nicht weiter ungewöhnlich, schliesslich ist Wasser schwerer als Luft, und wenn man ein Glas ausschüttet, schwebt der Inhalt auch nicht einfach durch die Gegend.

Ein Buch liefert in diesem Fall die Antwort und erklärt uns die Welt, wie wir sie durch das Flugzeugfenster wahrnehmen. Verfasst vom englischen Naturwissenschaftler Brian Clegg. 

Wer viel und oft fliegt  - Piloten und Flight Attendants etwa - will über mögliche Folgen der Strahlenbelastung informiert sein. Bei einem Flug über den Atlantik (ich selber überquere das Grosse Wasser durchschnittlich vier Mal pro Monat) sind wir so viel Strahlung ausgesetzt, wie bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs, was dem 100-Fachen der üblichen Dosis am Boden entspricht. Die Belastung ist kumulativ, Vielflieger sollten also ein Interesse haben, die Grundbelastung möglichst tief zu halten.
Bloss wie? Gibt es überhaupt Wege und Mittel dazu? Clegg liefert zumindest ansatzweise Tipps: Den Verzicht auf den Verzehr von Muscheln beispielsweise, die Material mit natürlicher Radioaktivität aus dem Wasser filtern. Wer Muscheln isst, kann der persönlichen Strahlenbelastung bis zu rund 0.5 mSV pro Jahr hinzufügen. Da bleib ich doch lieber beim gut schweizerischen Servelat.

Höchst interessant klingt die Folgerung, dass Piloten langsamer altern, auch wenn Clegg die Erkenntnis nicht in dieser Ausschliesslichkeit definiert.
Albert Einsteins spezielle Relativitätstheorie besagt, dass Uhren, die sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen, langsamer gehen als andere, was beispielsweise heisst, dass Uhren in GPS-Satelliten im Verhältnis zu denen auf der Erde pro Tag sieben Millionstel Sekunden verlieren. Da dieses Phänomen grundsätzlich alle Reisen, unabhängig der Geschwindigkeit betrifft, sind wir nach dem Flug ein kleines bisschen jünger, als wenn wir zuhause geblieben wären. Allerdings müssten wir uns, um einen sichtbaren Effekt zu erzielen, mit weitaus höherer Geschwindigkeit als der eines Flugzeuges bewegen. Bei einem Verkehrsflieger wären wir nach 40 Jahren mit wöchentlichen Atlantiküberquerungen eine Tausendstelsekunde jünger. Ich habe bereits 31 Dienstjahre auf dem Buckel, diese Verjüngungskur liegt also – private Reisen eingerechnet – durchaus im Bereich des Möglichen...

Und zum Schluss vielleicht noch ein Hinweis fürTeeliebhaber. Normalerweise wird ihr Lieblingsgetränk mit kochendem Wasser gebrüht, was bedeutet, dass die Flüssigkeit auf 100° aufgeheizt werden muss. Das ist im Flugzeug jedoch nicht möglich. Schuld daran ist, dass der in der Kabine herrschende Luftdruck die meisten Wassermoleküle am Entweichen hindert. Auf einer Höhe von 2400 Metern kocht Wasser bei 90° C – heisser wird es nicht, unabhängig von der zugeführten Hitze. Da ist mir doch der (N)Espresso lieber, und es dürfte verständlich sein, dass ich mich gestern ziemlich darüber ärgerte, ohne eine einzige funktionierende Nespressomaschine nach Los Angeles zu fliegen.  

Wie auch immer: „Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen“ erklärt Phänomene der Fliegerei mit einem Augenzwinkern, ohne die dabei notwendige Glaubwürdigkeit vermissen zu lassen. Und ich bin sicher, dass für jeden oder jede LeserIn interessante Erkenntnisse geliefert werden.

Ich jedenfalls geniesse es, langsamer zu altern...

Tuesday, March 6, 2012

Ferien

Eigentlich war vorgesehen, während dieser Ferienwoche nach Abu Dhabi zu fliegen. Mit der Idee, Freunde und ehemalige Arbeitskollegen zu treffen und mit dem Hintergedanken, die Tennisgladiatoren bei ihren Schlachten in der Arena von Dubai anzufeuern. Jetzt, wo der gute Roger wieder einmal zugeschlagen hat, wäre es doppelt genussvoll gewesen, das T-Shirt mit dem Schweizer Kreuz über die Brust zu ziehen und sich unter den neidischen Blicken zermürbter Serben, Tschechen und Schotten in einem der lauschigen Lokale der Tennisanlage an der Sonne zu räkeln.

Die Reise in die Emirate indes kommt nicht zustande. Irgendwann ist kein Platz mehr in meiner Agenda aus dem Hause Samsung. Selber schuld, ich weiss. Aber in diesem Fall hätte mich nicht einmal ein iPhone gerettet. Abgesehen davon brauche ich nicht 25 Millionen Apps aus dem Hause Apple; wo ich doch bereits mit meinen wenigen Android-Anwendungen am Limit laufe.

Also bleibe ich, wegen des reichlich gefüllten Samsung-Calendars eben, zuhause. Nicht weiter schlimm. Das ist für einen jetlag geplagten Piloten beinahe so erstrebenswert wie für Bodenständige eine einwöchige Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer. Zugegeben, der Vergleich mag in diesen Wochen zynisch klingen. Ich will hier aber keineswegs auf den in Schieflage geratenen italienischen Kapitänskollegen eindreschen, der offenbar als einer der Ersten von Bord ging, nachdem Schiff und Karriere ins Wanken gerieten. Während meines Upgradings vor 19 Jahren mahnte mich ein Instruktor, stets an der Spitze der Besatzung zu marschieren.
„Der Kapitän geht voraus“, erklärte er und ich habe mir seine Worte zu Herzen genommen. Obwohl sich dies schlecht mit meinen Führungsidealen vertrug. Bis heute ziehe ich es vor, die Besatzung aus dem Hinterhalt im Auge zu behalten. Beim Gang durch die Abflughalle beispielsweise. Das erlaubt eine bessere Übersicht ohne ständiges Kopfdrehen. Die Chiropraktiker manipulieren ja heute lange nicht mehr so günstig wie vor zehn Jahren. Problematisch war's einzig bei Nightstops in Jeddah, wo lokale Sitten die weiblichen Flight Attendants im Ausgang zwangen, den Abaya zu tragen. Und in diesem Fall sehen nun einmal von hinten alle Frauen ziemlich gleich aus...  
Auch in der Schule gehörte ich übrigens zu den notorischen Hinterbänklern, was mir stets genügend physische Distanz zu den Lehrern garantierte und erlaubte, auch in turbulenten Momenten die Übersicht zu behalten.

Aber ich schweife ab. An einer „Blindflug“-Lesung von letzter Woche in der Stadtbibliothek Winterthur begegne ich neben Jungbloggerin TWR Mädel auch ehemaligen SchulkollegInnen sowie LeserInnen meiner Blogs Wüstenspuren und Ein Expat im Exil.
Da stehen sie dann unvermittelt vor dir, die unbekannten Gesichter jener Seelen, die dein Geschreibsel mitverfolgen. Und sie erinnern dich an Dinge, die du vor langer Zeit geschrieben und beinahe schon wieder vergessen hast. Im Grunde genommen ein gutes Gefühl zu erkennen, das eigens kombinierte Buchstaben und Zahlen nicht ungehört in der Atmosphäre verpuffen. Ich schreibe dies nicht zuletzt der Tatsache zu, dass die Fliegerei nach wie vor über eine besondere Faszination verfügt. Fliegen weckt Emotionen, löst überschwängliche Freude, aber auch Panikattacken aus. Ich habe Passagiere erlebt, die vor Freude weinten. Andere taten Gleiches, allerdings aus Angst. Vom Fliegervirus infizierte, erweisen sich auch in Langzeittherapien als unheilbar. Menschen, die unter Flugangst leiden oftmals auch. Leider.

Heute gehen meine Ferien zu Ende und ich komme nicht umhin, mich wieder ins Cockpit zu klemmen. Destination Boston. Ich fühle mich erholt, auch wenn ich nicht in Abu Dhabi war. Oder vielleicht gerade deswegen.

Und Roger? Der hat bereits zum fünften Mal in Dubai triumphiert. Es geht also immer noch. Auch ohne mich.